Am 4. November 2016 habe ich im Hessischen Literaturforum, Frankfurt am Main, mit Terézia Mora über ihren Erzählungsband „Die Liebe unter Aliens“ (Luchterhand: München 2016) gesprochen. Die Erzählungen sind extrem gut, inhaltlich und handwerklich. Es war Ewigkeiten hergewesen, dass ich Moras Band „Seltsame Materie“ gelesen hatte, beim Lesen von „Die Liebe unter Aliens“ hatte ich den Eindruck, dass schon im Debut alles angelegt war, was diese Autorin so besonders macht. Mora for Büchner-Preis!
Zur Darstellung der „Provinz“ in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (Frankfurter Hefte)
Das Wort „Provinz“ wird häufig abwertend gebraucht. Darüber sollte mansich gründlicher nachdenken . Wer herablassend auf die Provinz blickt, verallgemeinert vorschnell, was zu weitreichenden Konsequenzen führen kann„Die Rache der Dörfer“, von der kürzlich in einem Beitrag im Deutschlandfunk mit Blick auf Donald Trumps Wahlsieg die Rede war, der hierin als „kulturelle Konfrontation zwischen dem Land und den Städten“ gedeutet wurde, darf nicht weiter geschürt werden. Der Ethnologe Wolfgang Kaschuba konstatierte in dem Radiobeitrag eine „kulturelle Konfrontation zwischen dem Land und den Städten“ und stellte fest: „Wir waren bisher der Meinung, dass die Vorstellung einer liberalen, einer offenen Stadtgesellschaft so etwas wie Konsens wäre, und jetzt bemerken wir, dass offenbar für größere soziale Gruppen die Vorstellung von großer Vielfalt, von großer Freiheit, von vielen Entscheidungsmöglichkeiten im Alltag, aber auch viel Verhandlungen möglicherweise eben auch eine stressige Vorstellung ist.“
Wie ländliche Räume im deutschsprachigen Roman der Gegenwart dargestellt sind werden, soll im Folgenden an vier Beispielen mit Fokus auf die Darstellung des technischen Fortschritts betrachtet werden. Lesen!
Rezension „Ich wiege 80 Kilo und das Leben ist mächtig“. Eine Biographie über Rainer Brambach (Deutschlandfunk)
„Lebenslauf“ heißt dieses Gedicht von Rainer Brambach aus dem Jahr 1977. In Variation zur liturgischen Bestattungsformel „Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub“ wird darin das Element Erde gegen das Element Wasser getauscht. Der Mensch erscheint so als Wesen, das aus dem Wasser kommend wieder zu Wasser wird. Das verleiht den wenigen Worten eine quasi-religiöse Bedeutung. Ein typisches Beispiel für Brambachs Lyrik, die oft auf’s Existenzielle abzielt, ohne sich aufzuplustern. Lesen / Hören!
Rezension „Sphinx“ von Anne Garréta (Der Freitag)
Es gibt Bücher, über die man dringend diskutieren möchte, die einen intensiven Nachhall erzeugen. Sphinx von Anne Garréta zählt in diesem Jahr zu diesen Büchern, wie sonst noch Didier Eribons autobiografisch-soziologische Reflexion Rückkehr nach Reims. Der Roman der 1962 geborenen Garréta, der bereits 1986 im französischen Original erschien, ist eine Liebesgeschichte aus dem Pariser Nachtleben der 80er Jahre. Er beginnt wie ein Bildungsroman. Die Hauptfigur, ein/e Theologiestudent/in, ist auf einer Sinnsuche, durch von Stroboskoplicht und Beats durchzuckte Diskotheken, durch die Cabarets und Stripteaselokale der Stadt. Das faszinierend Beunruhigende an Sphinx ist seine formale Besonderheit. Anne Garréta schreibt der jungen Erzählfigur kein grammatisches Geschlecht zu, sie lässt auch das Geschlecht des begehrten Objekts offen, ein Kunstgriff der Oulipoten, jener Autorengruppe, die durch formale Zwänge die Sprache zu erweitern versucht. Weiterlesen!
Lyrikgespräch über Ilse Aichinger, Zbigniew Herbert und die Reihe „Zwiesprachen“ (Deutschlandfunk)
Insa Wilke und Michael Braun und ich sprechen über Ilse Aichinger, : Gedichte (Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag), über „Zwiesprachen“. Reihe des Lyrik Kabinett München. Essays und Gedichte. (Heidelberg: Wunderhorn 2016) und Zbigniew Herbert „Gesammelte Gedichte“. (Frankfurt am Main: Suhrkamp 2016). Das Gespräch wurde ausgestrahlt in der Bücherlese des Deutschlandfunk am 14.11.2017 Hören!