Ina Hartwig: Wer war Ingeborg Bachmann (Der Freitag)

Nun ist das Buch nicht erschienen: Es ist eindrucksvoll, überraschend, überaus reflektiert, im Ton zugleich skrupulös und selbstbewusst, welch eindrucksvolle Kombination. Du, glückliches Frankfurt, hast eine Kulturdezernentin, die weiß, dass Kultur das Unterschiedene braucht, liebt, fördern muss. Meine Besprechung des Bandes für den FREITAG kann man nachlesen, und zwar hier!

Porträt Kerstin Preiwuß (Literaturblatt Baden-Württemberg)

Vor Jahren habe ich für den Freitag den zweiten Gedichtband von Kerstin Preiwuß besprochen, seitdem verfolge ich die Veröffentlichung Ihrer Gedichtbände und Romane. Mit „Nach Onkalo“ stand Preiwuß auf der diesjährigen Longlist zum Deutschen Buchpreis, und ich muss sagen, ich hätte es berechtigt gefunden, sie auch auf die Shortlist zu nehmen. Es geht mit dabei nicht um die Platzierung auf einer ja immer in gewisser Weise willkürlichen und subjektiven Liste, sondern darum, die Aufmerksamkeit auf eine Autorin zu richten, deren Umgang mit Sprache, deren Charakterisierung ihrer Figuren weit aus dem herausragen, was derzeit als Belletristik mit Anspruch gehandelt wird. Preiwuß‘ Sprache reflektiert sich im Moment des Vollzugs in ungewohnter und eindrucksvoller Weise.
Für das Literaturblatt Baden-Württemberg habe ich einen Artikel über Preiwuß‘ bis dato erschienene Roman- und Gedichtbände geschrieben, nachzulesen ist es hier.

Prousts Erben – Großprojekte autobiographischer Prosa (28. September 2017, Literaturhaus in der Fasanenstraße, Berlin)

Update: Changierend zwischen Anekdotischem und Oberseminar haben wir uns dann doch durch das Textlabyrinth unsere Wege gesucht, an den Ariadnefäden, die Nadja Küchenmeister, die Moderatorin und Ideengeberin der Reihe, uns freundlich in die Hand gegeben hat.
Ob es für die Gäste anregend war? Ich jedenfalls habe nun einmal mehr Lust zu lesen. Und mir sind die blinden Flecken in Kurzecks Biographie  deutlich geworden. Was genau was das eigentlich für eine Zeit, in der er als Personalchef für die US-Army gearbeitet hat. Hat er über seine Taschenkalender hinaus Tagebuch geschrieben? Wäre er ein guter Maler geworden, wenn er sich anders entschieden und gemalt anstatt geschrieben hätte? Und natürlich schließen daran auch banale Fragen an: Warum hat Suhrkamp Hermann Lenz verramscht? Steht Kempowski auf Leselisten in Lehrplänen? Warum rennen die Leute dem Berliner Literaturhaus bei so einem interessanten Thema nicht die Bude ein?

Fragen über Fragen!

Nach dem Spiel ist vor dem Spiel, dazu das hier: Die Biographie galt Siegfried Kracauer in seinem Essay „Die Biographie als neubürgerliche Kunstform“ aus dem Jahr 1930 als Zeichen von Gegenwartsflucht, als Versuch, den modernen Menschen über seine Orientierungslosigkeit und Nichtigkeit zu täuschen, kurzum: als mindere Gattung, die das Auseinanderfallen der Welt zu negieren versucht – und gerade deshalb so erfolgreich ist.
Ich habe im Rahmen meiner Vorbereitung auf den 28. September, an dem Nadja Küchenmeister im Rahmen einer mehrteiligen Reihe über autobiographische Prosa Gerhard Henschel, Rainer Moritz und mich ins Berliner Literaturhaus eingeladen hat, um mit ihr über die autorbiographischen Großprojekte von Walter Kempowski, Hermann Lenz und Peter Kurzeck zu diskutieren, häufiger an diesen Text gedacht und ihn kürzlich zur Vorbereitung noch einmal wiedergelesen.
Im Gegensatz zur Biographie gehen die Autor*innen beim Ordnen und der Darstellung ihrer Erfahrung anders vor, als es Biographen in der Regel tun — es sei denn, sie verzichten von vornherein darauf, das disparate Material, aus dem sich die Geschichte eines Lebens destillieren ließe, in eine kohärente Ordnung zu bringen. (Ina Hartwig verzichtet offenbar darauf, wenn sie ihr Buch über Ingeborg Bachmann „Bruchstücke einer Biographie“ nennt, ich habe noch keine Fahnen, bin aber sehr gespannt darauf!)
In den autobiographischen, literarischen Großprojekten des 20. Jahrhunderts, die ich genauer kenne (Walter Kempowski, Peter Kurzeck, Andreas Maier, Norbert Scheuer zählen dazu), lässt sich beobachten, dass spezifische Erzählweisen verfremdende Wirkung haben, das Erzählen also gerade nicht auf Kohärenz ausgelegt ist bzw. sich die Kohärenz nur im Modus des Erzählens herstellt und sich verliert, sobald die Erzählung unterbrochen wird. Das Erzählen wird existenziell, gerade bei Kempowski und Kurzeck lässt sich das sehr deutlich zeigen, wenngleich die Selbstbefeuerung, immer weiter zu arbeiten und auch die Ergebnisse höchst unterschiedlich ausfallen.
Ich freue mich und bin total gespannt auf den ersten Abend im Literaturhaus. Und wäre so gerne bei allen dabei, allein: Berlin ist weit von Frankfurt aus, jedenfalls zu weit, um rasch zu einer Lesung zu fahren. Einmal immerhin werde ich die Reise aber machen. Wer mag, der komme hierher.

Ijoma Mangold: Das deutsche Krokodil (Rowohlt)

Für das Literaturblatt Baden-Württemberg habe ich eine kurze Besprechung zu Ijoma Mangolds „Das deutsche Krokodil“ geschrieben. Ein merkwürdiges Buch, das zwischen Autobiographie, soziologischem Selbstversuch und Bildungsroman määndriert. Ich habe ziemlich dran herumgekaut, aber zugleich fasziniert immer weitergelesen. Brüchige Bücher bleiben lange im Gedächtnis und lassen sich unter Umständen gut disktuieren. Das hier gehört dazu.