Sylvia Plaths Gedichtbände „The Colossus“ und „Crossing the Water“ liegen in deutscher Erstübersetzung vor (Der Freitag)

Pilze gibt es im Moment nicht im Wald, nur in der Lyrik, aber was heißt da „nur“. Mushrooms, so der Titel des englischen Originals, das zuerst 1960 in dem Band The Colossus and Other Poems erschien, ist eines unter zahlreichen eindrucksvollen Dinggedichten der Autorin Sylvia Plath. Es beschreibt die „Pilzhaftigkeit“ nicht nur über Verben und Adjektive, sondern nähert sich den Vertretern dieser eigenen Art, ihrem stillen, zähen, im Pulk aus der Erde ans Licht drängenden Wachstum auch lautlich virtuos an. Weiterlesen!

Rezension: Die Marburger Gesamtausgabe kann die Irrungen um Georg Büchners Werk auflösen

Büchner ist immer noch für Kontroversen gut. „Dichter-Punk, Berserker der Gerechtigkeit, Ahnherren der Empörten“ nennt das Magazin Cicero den vor 200 Jahren am 17. Oktober 1813 im hessischen Goddelau geborenen Dichter und zeigt ihn auf dem Cover der Oktober-Ausgabe mit Irokesenschnitt, Muskelshirt und Tätowierungen, die zwei der bekanntesten Zitate wiedergeben, die ihm zugeschrieben werden. Zugeschrieben wohlgemerkt, denn im Gegensatz zu „Was ist das, was in uns hurt, lügt, stiehlt und mordet“ aus Dantons Tod und aus dem Fatalismusbrief werden die Credits der Parole „Friede den Hütten! Krieg den Palästen!“ aus dem Hessischen Landboten zu Unrecht Büchner angedichtet. Ursprünglich stammt sie vom französischen Schriftsteller Nicolas Chamfort (1741 bis 1794), der sie den Soldaten der Revolutionsheere als Wahlspruch vorgeschlagen haben soll. Weiterlesen!

Rezension „Ankunft eines weiteren Tages“. Lyrik aus Südafrika (Der Freitag)

Manchmal trifft ein Gedicht geradewegs einen Nerv. „Auf Julies Speisezettel“ von Vonani Bila ist so ein Gedicht. Es steht in Ankunft eines weiteren Tages, einem Band mit südafrikanischer Lyrik, den die Literaturwissenschaftlerin Indra Wussow zusammengestellt hat, ins Deutsche übersetzt wurden die Gedichte von der Lyrikerin Sylvia Geist. Auf Julies Speisezettel verstört. Es beschreibt einen Mann, der neben der Müllkippe eines Krankenhauses herumlungert, nicht etwa, weil er auf Essensreste wartet – Julie passt ab, wann man dort tote Babys entsorgt. Über einem Feuer brodelt sein Topf, in den niemand schauen darf, darin kocht er einen grausigen Brei: „Er erzählt neugierigen Passanten, Patienten/Wächtern & Besuchern/Es wäre Kaninchen, was er kaut.“ Von dem Tag an, an dem ihn die Krankenhausverwaltung erwischt, werden die Babys verbrannt. Und Julie „ist verschwunden/Aber kein Mensch vermisst ihn“, heißt es in Bilas Gedicht lapidar. Grausig wie eine Gestalt aus Grimms Märchen, ist der unbehauste Kannibale die Symbolfigur einer Welt, in der heftige Armut noch die größten Tabus bricht. Weiterlesen!

Interview mit Helmut Oehring (Üben&Musizieren)

Helmut Oehring wurde 1961 in Ost-Berlin geboren. Seinen Weg zur Musik fand er auf Umwegen, denn seine Eltern waren gehörlos. Helmut Oehring hat in verschiedenen Berufen Erfahrungen gesammelt, war unter anderem Bauarbeiter und Friedhofsgärtner, ehe seine Laufbahn als Komponist begann. Heute zählt er zu den maßgeblichen zeitgenössischen Komponisten, sein OEuvre umfasst über 250 Werke.  Weiterlesen!

Rezension Steffen Popp „Im Dickicht mit Reden und Augen“ (Der Freitag)

Steffen Popp hat das Gedicht einmal mit einer Schaltung verglichen, „die mit verschiedenartigen Lampen und Strahlern bestückt zunächst dunkel herumsteht“. Dickicht mit Reden und Augen heißt der dritte Gedichtband des 1978 geborenen Lyrikers. Jedes Dickicht ist, wie die dunkel herumstehende Schaltung, ebenfalls eine tendenziell dunkle Angelegenheit, ein Terrain, durch das man sich seinen Weg erst bahnen muss. Ob die im Titel genannten „Reden“ und die „Augen“, die an eine Comiczeichnung denken lassen, in der weiße Augäpfel mit dunklen Sehschlitzen aus einer schwarzen Fläche starren, eher beruhigen oder verstören? Weiterlesen!