Rezension neuer Gedichtbände von Marion Poschmann, Kerstin Preiwuß, Daniela Seel, Marco Organo, Joachim Sartorius und Jan Wagner (Der Freitag)

Die Idee von der Unendlichkeit des poetischen Raums findet sich wieder in Mondbetrachtung in mondloser Nacht, einem Band von Marion Poschmann, der ihre Reflexionen über Sprache und Dichtung versammelt. Im Vorwort zu dieser Sammlung von Reden und Artikeln heißt es: „Dichtung vollbringt das Unmögliche. Sie evoziert Bilder im Raum, hält die flüchtige Welt für Momente fest, lässt das Unsichtbare sichtbar werden, stellt Bilder in einen Raum, den es vorher nicht gab. Und sie lässt uns umgekehrt fragen, in welchem Raum eigentlich das stattfindet, was wir für unsere Alltagswelt halten.“ Weiterlesen!

Rezension von vier Büchern über die Alpen (Der Freitag)

Zu den modernsten Seilbahnen in Südtirol zählt die Unterstell-Bahn im Vinschgau, menschliches Personal ist hier längst überflüssig. Vollautomatisch schnurrt die Bahn von der Naturnser Talstation hinauf auf den Berg, über eine Strecke von rund einem Kilometer und mehr als 745 Höhenmetern. Genug Zeit, den Gesprächen der Mitfahrenden in der rappelvollen Kabine zu lauschen. Eine stark geschminkte Endfünfzigerin mit barock verschnörkelten Brillenbügeln lässt versonnen ihren Blick ins Tal schweifen und befindet: „Hier ist die Natur noch echte Natur. Hier ist das Grün noch echtes Grün!“ Weiterlesen!

Interview mit Martin Jankowski über Indonesiens Lyrik – Zur Buchmesse 2015 (Der Freitag)

der Freitag: Herr Jankowsi, woran liegt es, dass die indonesische Literatur – und damit die Lyrik – so unbekannt ist?

Martin Jankowski: Indonesien scheint uns zunächst zu groß, zu fern, zu anders. Bei der Lyrik mag es daran liegen, dass es im deutschen Sprachraum kaum Übersetzer aus dem Indonesischen gibt – eine Folge der Unlust deutscher Verlage, indonesische Literatur zu verlegen. Auch mental-kulturelle Unterschiede bewirken, dass man sich fremd bleibt. Außerdem begreift sich Indonesien selbst kaum als Literaturnation und stellt sich nicht als solche dar. Weiterlesen!

Rezension Ton Tellegen „Man wird doch wohl mal wütend werden dürfen“ (Der Freitag)

Als ich neulich in einer alten Frankfurter Bäckerei ein Stück Himbeertorte zum Mitnehmen orderte, schaute mich die dürre Verkäuferin mit einem uneindeutigen Blick an: „Da ist aber viel Sahne drin“, sagte sie streng und schmallippig. Mein „Ja, und?“ beantwortete sie mit dem Satz: „Manche Kunden mögen das nicht. Die finden das eklig. So viel Sahne. Iiiiih, wie eklig.“ Und während sie das Wort „eklig“ mehrfach wiederholte, wurde klar, dass ihr Blick im Grunde eindeutig war: Kalte Wut über ihren zuckrigen und fettigen Beruf sprach aus ihm. Weiterlesen!