Interview mit Martin Jankowski über Indonesiens Lyrik – Zur Buchmesse 2015 (Der Freitag)

der Freitag: Herr Jankowsi, woran liegt es, dass die indonesische Literatur – und damit die Lyrik – so unbekannt ist?

Martin Jankowski: Indonesien scheint uns zunächst zu groß, zu fern, zu anders. Bei der Lyrik mag es daran liegen, dass es im deutschen Sprachraum kaum Übersetzer aus dem Indonesischen gibt – eine Folge der Unlust deutscher Verlage, indonesische Literatur zu verlegen. Auch mental-kulturelle Unterschiede bewirken, dass man sich fremd bleibt. Außerdem begreift sich Indonesien selbst kaum als Literaturnation und stellt sich nicht als solche dar. Weiterlesen!

Rezension Ton Tellegen „Man wird doch wohl mal wütend werden dürfen“ (Der Freitag)

Als ich neulich in einer alten Frankfurter Bäckerei ein Stück Himbeertorte zum Mitnehmen orderte, schaute mich die dürre Verkäuferin mit einem uneindeutigen Blick an: „Da ist aber viel Sahne drin“, sagte sie streng und schmallippig. Mein „Ja, und?“ beantwortete sie mit dem Satz: „Manche Kunden mögen das nicht. Die finden das eklig. So viel Sahne. Iiiiih, wie eklig.“ Und während sie das Wort „eklig“ mehrfach wiederholte, wurde klar, dass ihr Blick im Grunde eindeutig war: Kalte Wut über ihren zuckrigen und fettigen Beruf sprach aus ihm. Weiterlesen!

Rezension neuer Gedichtbände von Carolin Callies, Elke Erb, Nora Gomringer, Rike Scheffler und Jan Wagner (Der Freitag)

„Während im spiegel / jenes beharrlich sanfte V der ohren noch serpentinenlang zu sehen war, / ein victory, vittoria, victoire“, dichtet Jan Wagner in einem Gedicht aus den Regentonnenvariationen, deren großen Erfolg niemand vorhersehen konnte. Als erster Gedichtband überhaupt ausgezeichnet mit dem Preis der Leipziger Buchmesse, sind die Regentonnenvariationen inzwischen bei einer Auflage von sagenhaften 35.000 Exemplaren angelangt. Der Band steht weiterhin auf der Spiegel-Bestsellerliste (die dieser Tage ungewöhnlich literarisch ambitioniert daherkommt). Und Jan Wagner wird am 22. April in Fellbach den Mörike-Preis entgegennehmen. Das „beharrlich sanfte V der Ohren“ könnte man also auch als einen kleinen Sieg der Gattung lesen, umso mehr, als Jan Wagner seit seinem Erfolg es sich zur vornehmen Aufgabe gemacht hat, auf die äußert lebendige deutschsprachige Lyrikszene aufmerksam zu machen. Weiterlesen!

Rezension: „Handbuch der politischen Poesie“, hg. von Joachim Sartorius (Der Freitag)

Die schwarze Nacht gab mir schwarze Augen. / Doch ich suche mit ihnen das Licht.“ Das Gedicht Eine Generation ist lediglich zwei Verse lang, verfasst von Gu Cheng, geboren 1956 in Peking. In wenigen Worten hat Cheng das Gefühl der „verlorenen Generation“ in China zum Ausdruck gebracht; das kann so nur ein Gedicht oder ein Song. Gu Chengs Lyrik machte ihn in seiner Heimat zur Persona non grata. Er exilierte nach Neuseeland, wo er am 7. Oktober 1993 zunächst seine Frau und dann sich selbst tötete. Weiterlesen!