Werkseinstellungen: Kerstin Preiwuß (16. November 2023, Hessisches Literaturforum im Mousonturm)

„Ich spreche nie beim Schreiben, bin ein immenses stilles Feld, ein tiefes Wasser mit dünner Haut, die ständig friert“ – das sagt das Ich in Kerstin Preiwuß’ literarischem Essay Heute ist mitten in der Nacht, und es ist schwer diesen Satz nicht poetologisch zu lesen. Sowohl ihre Prosa als auch ihre Gedichte sind bestimmt von Suchbewegungen, einem ruhigen Tasten, das in die Tiefe weist, aber empfänglich und im besten Sinne dünnhäutig bleibt für alles, was ihm auf seinem Weg begegnet. Sei es im Umgang mit Romanfiguren oder der Sprache selbst: Stets zeigt sich bei Preiwuß das austarierte Zusammenspiel aus Empathie und Distanz. Motivisch ziehen sich Einsamkeit und die scheinbare Sicherheit, die Sprache bieten kann, durch die formal vielseitigen Texte.

Ich moderiere.

Im Rahmen der „Werkseinstellungen“ solle dem Ton von Preiwuß’ Texten nachgegangen werden, wenn schon nicht beim Schreiben, dann doch übers Schreiben zu sprechen. (Quelle: Hessisches Literaturforum im Mousonturm)

Péter Esterhazy: „Das Leichte, das Schwere, der Lärm, die Stille“ ( 10. Oktober 2023, Collegium Hungaricum, Berlin)

Er war ein großer Europäer und ein scharfsinniger Kommentator dessen, was die angebliche Randstellung und die Umbrüche seines Heimatlandes Ungarn ausmacht, wer sie definiert und wie man sich ihnen gegenüber verhält. Als wortmächtiger postmoderner Romancier und Erzähler nicht nur seiner wechselvollen Familiengeschichte hat Péter Esterházy sich international einen Namen gemacht. Aber auch in weithin wahrgenommenen Zeitungsartikeln hat er sich als Intellektueller selbstbewusst »Aus dem Elfenbeinturm« über »Leben und Literatur« geäußert, Bücher – von Imre Kertész und Péter Nádas bis hin zu Per Olov Enquist und Umberto Eco – diskutiert und voller Witz »Problems of dö raiter tudej« erörtert. Dabei ergreift er auch das Wort zu politischen Themen, bezieht Stellung gegen den aufkommenden ungarischen rechtskonservativen Nationalismus und die mangelnde Verarbeitung der kommunistischen Diktatur.
Endlich auch auf Deutsch zu entdecken ist Péter Esterházy als Essayist, der brillant und eigensinnig, polemisch und differenziert für die Wahrheit eintritt und schon vor vielen heute noch virulenten Entwicklungen hellsichtig gewarnt hat.

Ich spreche mit seiner Übersetzerin Heike Flemming.